Chronik der Familie Harmer

Evangelische Kirche, alte AnsichtUrsprung der Familie, soweit er sich verfolgen läßt, liegt in der bäuerlichen Bevölkerung der Umgebung. Johann Michael Harmer zog um 1800 aus Oberrohrbach nach Spillern, weil er das Haus Nr. 44 mit Gründen erwerben konnte. Seitdem ist der landwirtschaftliche Betrieb im Laufe der Zeit langsam gewachsen. 1980 wurden ca. 360 ha bewirtschaftet. Der Beginn der industriellen Tätigkeit läßt sich ganz genau festlegen. Als nämlich mit 20. Februar 1855 Leopold Harmer vom k. u. k. Bezirksvorstand in Stockerau das Branntweinbrenner Gewerbe verliehen wurde; „In Anbetracht seiner großen Wirtschaft, der zurückgelegten technischen Studien und seines sonstigen Wohlverhaltens. . .“ heißt es in der Urkunde.

In den 70er und 80er Jahren kam dazu die Erzeugung von Preßhefe für Backzwecke. Auch Pottasche wurde mit wechselndem, Erfolg bis zur Jahrhundertwende erzeugt. Als Rohstoff für den Spiritus dienten Kartoffel und Getreide zum Teil aus der eigenen Landwirtschaft. Der Rückstand, die Schlempe, war in begehrtes flüssiges Viehfutter für alle umliegenden landwirtschaftlichen Betriebe. Zusammen mit dem Guts Betrieb schwankte die Zahl der Beschäftigten um die 100 Personen, im Sommer verstärkt durch 40 bis 50 Slowaken als Saisonarbeiter bis zur Rübenernte.

Nach dem Ersten Weltkrieg ging der Hefemarkt im Osten der Monarchie verloren. Als Folge davon wurde wegen des stark gesunkenen Absatzes die Produktion von Mautner Markhof, Springer und Harmer in Simmering zur Vereinigten Mautner Markhofschen Preßhefe Fabrik zusammengelegt. Dafür wurde die Alkoholerzeugung durch Zukauf von Brennrechten ausgeweitet auf einen österreichischen Marktanteil von über 11 %. In den 20er Jahren löste die Zuckerrübenmelasse als Rohstoff das wesentlich kompliziertere Arbeiten mit Getreide ab; für dieses Verfahren notwendige Mälzerei wurde eingestellt.

Harmer PostkarteAuch die Landwirtschaft wurde modernisiert, die Folgen von zwei größeren Bränden konnten überwunden werden. Das Unternehmen lief in dieser Zeit derart gut, dass die inzwischen herangewachsene Generation (Gustav und Robert Harmer) an eine Expansion denken konnten. 1938 wurde die Ottakringer Brauerei in Wien erworben, 1944 der Guts Betrieb in Alt Prerau. Das wirtschaftliche Schwergewicht verlagerte sich nun nach Wien. Der Mittelpunkt der Firma blieb aber weiterhin Spillern, das unverändert der juristische Sitz der Harmer KG ist.

Der Krieg und die folgenden politischen Wirren konnten ohne größere Schwierigkeiten überwunden werden. Kriegsschäden bis auf die totale Befreiung des Guts Betriebes vom beweglichen Inventar waren nicht zu beklagen. 1951 wurde ein Hopfengarten angelegt, der 1967 wieder aufgelassen wurde, da die Handarbeit nicht mehr geleistet werden konnte und 1,5 ha für Maschinenbetrieb zu klein waren, obwohl die Qualität in etwa entsprechen konnte. In der 60er Jahren setzte die Vollmechanisierung der Landwirtschaft ein. 1966 wurde auf viehlosen Betrieb umgestellt, 1968 eine Kleetrocknung eingerichtet.